Christian Wagner * Patentrecht statt Menschenrecht? - Das Dilemma der Pharmaforschung (was: [ox-en] Conference documentation / Konferenzdokumentation)
- From: Stefan Merten <smerten oekonux.de>
- Date: Sat, 08 Oct 2005 19:33:52 +0200
Patentrecht statt Menschenrecht?
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Christian Wagner [cwagner at bukopharma.de]
Das Dilemma der Pharmaforschung
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BUKO Pharma-Kampagne http://www.bukopharma.de/
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Gesundheit ist ein Menschenrecht
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o Gesundheit ist ein Menschenrecht
Allgemeine Menschenrechtserklärung der UN, 1948
o Ein Traum?
o Genug Arzneimittel für alle Menschen
o Bezahlbare Medikamente
o Medikamente für alle wichtigen Krankheiten
HIV-Infektionen 2002
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o Sub-Saharan Afrika: 28.1 Millionen
o Weltweit: 42 Millionen
Spread of HIV in sub-Saharan Africa, 1987
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Spread of HIV in sub-Saharan Africa, 1997
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Unbezahlbar krank
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o Medikamente für eine Jahrestherapie:
10.000 US $ pro Person
(Markenprodukte, USA, Dreier-Kombinationstherapie)
o Zur Verfügung stehen im südlichen Afrika:
8 US $ durchschnittlich pro Jahr/Person
Thesen
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o Existierendes System von Forschung, Entwicklung und Produktion
versagt
o Medikamente für viele unbezahlbar
o Wichtige Krankheiten von Forschung vernachlässigt
o Forschung orientiert sich nicht am Bedarf, sondern an den zu
erwartenden Profiten
o Alternative: Forschung als öffentliche Aufgabe
Gliederung
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o Basics
Wie funktioniert das System? Entwicklung und Vermarktung von
Medikamenten
o Führt die "Belohnung" durch Patente zu den Arzneimitteln, die wir
brauchen?
o Forschung als öffentliche Aufgabe
Forschungsergebnisse als öffentliches Gut
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Forschungsförderung
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Forschung der Pharmaindustrie wird gefördert mit
o Finanziellen Zuschüssen
o Steuererleichterungen
o Patenten = Exklusivverkaufsrecht
o Freier Preisgestaltung
Was kostet Forschung?
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o Behauptung der Industrie: 800 Mio. $für jedes Medikament
Aber:
o Viele billige "Scheininnovationen"
o Rechnerische Tricks (z. B. opportunity costs)
o Reale Kosten für F&E: 120-150 Mio. $ pro Medikament
o USA: Hälfte der Pharmaforschung aus öffentlichen Geldern
finanziert
Aids-Medikamente der 1.Generation
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Wirkstoff Entwicklung Patentinhaber Vermarktung und
Gewinn
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AZT Michigan Cancer Glaxo Wellcome Glaxo Wellcome
Foundation
ddI NIH NIH Bristol-Myers
Squibb
ddC Michigan Cancer USA Hoffmann-La
Foundation Roche
Abacavir University of Borroughs Glaxo Wellcome
Minnesota Wellcome
d4T Michigan Cancer Yale University Bristol-Myers
Foundation Squibb
Cptech 2000
Was bietet uns die Pharmaindustrie für ihre Privilegien?
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Kaum Innovationen
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o Nur 20% der "neuen" Produkte sind wirklich innovativ
o Die Leitstrukturen für die 20 wichtigsten therapeutischen
Innovationen sind öffentliche Entwicklungen
Lifestyle Medikamente für die Reichen...
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o Potenzmittel:
1998 Viagra (Pfizer)
2003 Cialis (Lilly)
2003 Levitra (Bayer)
o Haarwuchsmittel
o Schlankheitsmittel
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Weltweiter Pharmamarkt: 400 Milliarden Dollar
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...nichts Neues für die Armen
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o "vernachlässigte Krankheiten": Tropenkrankheiten, Tuberkulose
(Armutskrankheit)
1975 bis 1999 entwickelt: 1400 neue Wirkstoffe
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Trouiller 2002
Der K(r)ampf um ein neues Medikament
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o 1990 Krebsmedikament Eflornithin wirksam gegen Schlafkrankheit
o 1995 vom Markt genommen: "unrentabel"
o Ab 1995: WHO sucht Hersteller (vergeblich)
o 2000 USA: Enthaarungscreme Vaniqa (R) kommt auf den Markt.
Wirkstoff: Eflornithin
o 2001 Wiederaufnahme der Produktion gegen Schlafkrankheit für 5
Jahre
Pharmaindustrie versagt
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Verschleierung dieses Missstands durch:
o Desinformation
o Werbebudget = doppelt so hoch wie Forschungsetat
o Verheimlichung der wahren Forschungskosten
o Geheimniskrämerei
o Bestechung
Schlussfolgerung
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Das bestehende System ist
o ineffizient
o korrupt
o ungerecht
o unsozial
o teuer
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Es geht auch billiger
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o Neue Malariamedikamente von GlaxoSmith Kline:
o Malarone(R)
patentiert => Therapie 50 Euro pro Person
o Lapdap
Entwicklung koordiniert von WHO
Gemeinschaftsprojekt von GSK, britischen und afrikanischen
Universitäten
kein Patent für GSK => Therapie 50 Cent pro Person
Forschung als öffentliche Aufgabe
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o Schon jetzt investieren öffentliche Kassen sehr viel Geld in
medizinische Forschung
o Privatunternehmen erhalten Exklusivrechte auf Ergebnisse dieser
Forschung
o Die Allgemeinheit zahlt doppelt:
1. Für Finanzierung der Forschung
2. Für völlig überhöhte Produktpreise
Globaler Forschungsfond
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o Jedes Land zahlt bestimmten Prozentsatz des Bruttosozialprodukts
ein
o Festlegung der Forschungsziele im öffentlichen Diskurs
o Ergebnisse als public good
Public Domain Forschung
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o Human Genom Project (DNA Sequenzierung)
o SNP Konsortium (Identifikation von DNA-Variationen)
o Electric Genetics: Open Source Software für Genomanalyse
http://www.egenetics.com/
o Open Bioinformatics Foundation
o Biobricks http://parts.mit.edu/
Vorteile des öffentlichen Wissenschaftsbetriebs
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o Nicht Kommerz, sondern Thema steht im Vordergrund
o Öffentliche Diskussion statt Geheimniskrämerei
o Schnelle Entdeckung von Fehlern
o Vermeidung unnötiger klinischer Studien
Menschenrecht statt Patentrecht
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Gesundheit ist ein Menschenrecht
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Zusätzliche Folien
TRIPS-Abkommen der WTO
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o zwingt Länder der Dritten Welt, Pharmapatente anzuerkennen
o Verschärfung des Patentschutzes:
Weltweiter Patentschutz für jedes neue Arzneimittel
o 20-25-jähriger Patentschutz
o Macht Arzneimittel für Dritte Welt unbezahlbar
o Möglicher Ausweg: Zwangslizenzen
Indisches Patentrecht - heute und morgen
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Indisches Patentrecht TRIPS-Regelung
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Prozesspatent Produktpatent
Patentlaufzeit 5 Jahre Patentlaufzeit 20 Jahre
Automatische Zwangslizenzierung Keine automatische Zwangslizenzen
nach 3 Jahren
Patentinhaber muss Verletzung des Beklagter muss seine Unschuld
Patentschutzes beweisen beweisen
10/90 - Lücke
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o Krankheiten, die vor allem arme Menschen betreffen, werden nicht
oder nur kaum erforscht
o Auf 90% der Weltkrankheitslast fallen nur 10% der
Forschungsausgaben
Vernachlässigte Krankheiten: Malaria, Tuberkulose
Besonders vernachlässigte Krankheiten: Schlafkrankheit, Chagas,
Leishmaniose
Free Access to Scientific Publishing
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Kostenloser Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen im Internet
o PLoS - die Pioniere http://www.publiclibraryofscience.org/
o BioMed Central - The open access publisher
http://www.biomedcentral.com/
o Heinz Nixdorf Zentrum für Informationsmanagement
http://www.zim.mpg.de/
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Web-Site: http://www.oekonux.org/
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