Till Mossakowski * Demokratisches Wirtschaften (was: Re: [ox-en] Conference documentation / Konferenzdokumentation)
- From: Stefan Merten <smerten oekonux.de>
- Date: Fri, 16 May 2008 20:19:10 +0200
Demokratisches Wirtschaften
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Till Mossakowski [till at informatik.uni-bremen.de]
Bericht von der Veranstaltung auf der 3. Oekonux-Konferenz am 21. Mai 2004 in Wien
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Nachträgliche Ergänzungen sind kursiv gesetzt (oder, bei Zitaten,
eingerückt und kursiv)
Workshop-Ankündigung: Demokratisches Wirtschaften
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In diesem Workshop soll es um theoretische Grundlagen einer Ökonomie
ohne Tausch und Geld gehen, die in Wechselwirkung mit der Praxis in
der Bremer Commune stehen.
Bisherige Ökonomien waren immer von der Naturwüchsigkeit des Kampf des
"survival of the fittest" geprägt; im Kapitalismus wird daraus ein
Konkurrenzkrieg. Mit der Entwicklung der Maschine und
vollautomatischer Produktion kann nun die notwendige menschliche
Arbeit drastisch reduziert werden. Die Möglichkeit, existenzielle
Fragen zu beantworten und den Konkurrenzkampf zu überwinden, erscheint
am Horizont.
Andererseits droht mit PC und Internet aber auch der Verlust der
Sinnlichkeit im Virtuellen, eine Gefahr auch für die freie
Software-Bewegung und Oekonux.
In der Maschine liegt zudem ein Potential von unmenschlicher
Destruktivkraft, und zwar nicht nur in plumper Dinosaurier-Technologie
wie Atomkraftwerken: heute rückt die Maschine den Menschen auf immer
feinere und subtilere Weise auf die Pelle (Chipkarten, elektronische
Fußfessel, Medienmanipulation, ...).
Sowohl Natur als auch Maschine haben also einen Doppelcharakter; die
Aufgabe liegt in ihrer Humanisierung. Könnte ein sinnvolles Verhältnis
der Menschen zu Natur & Maschine darin bestehen, diese als Motoren der
Ökonomie so einzusetzen, dass die Menschen nicht mehr
Motor-Schmiermittel sind, sondern die intelligente Feinsteuerung
übernehmen? Nach einer geschichtsphilosophischen Herleitung sollen
einige Grundpfeiler einer solidarischen, gebrauchswert-orientieren
Ökonomie im Zeitalter der Vollautomation vorgestellt werden. Außerdem
soll natürlich genügend Raum zur Diskussion sein.
Auswege aus dem globalisierten Kapitalismus
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Der globalisierte Kapitalismus zeichnet sich aus durch Liberalisierung
von Märkten. Attac spricht von einer "Diktatur des Marktes". Genauer
herrscht im Norden ein kalte Diktatur (psychische Verelendung), im
Süden eine heiße Diktatur (Massensterben [1]) des Marktes. Die
transnationalen Konzerne errichten zunehmend ein totalitäres System.
Maggie Thatcher prägte den Slogan "TINA" - there is no alternative.
Was sind Auswege?
Oekonux begreift freie Software als Keimform einer neuen
Produktionsweise. Die "doppelt freie Software" wird nicht nur frei
verteilt, sondern basiert auch auf freier, kooperativer Arbeit, mit
Selbstentfaltung als Motivation.
Die entscheidende Fragen sind:
o wie sieht das Verhältnis zur materiellen Produktion, zur Natur
aus (die "Brötchenfrage" von Benni Bärmann [2])?
o wie kann eine gesamte Ökonomie und Gesellschaft zu einer neuen
Wirtschaftsweise?
o wie soll diese Utopie erreicht werden?
Das von der Bremer Oekonux-AG mitentwickelte und in der Bremer Commune
in Ansätzen praktizierte Konzept "Demokratischen Wirtschaftens"
versucht, Antworten auf diese Fragen zu finden.
Das Spannungsfeld zwischen Natur & Maschine
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Die Natur besteht zunächst aus immer gleichen Kreisläufen, ihr wohnt
deshalb keine Freiheit inne (Hegel). Diese Stagnation wird aber
durchbrochen: Die Evolution der Natur bringt die Menschen hervor, die
denken können. Die Menschen bewegen sich zunächst innerhalb der
Naturkreisläufe, sind gezwungen, den allergrößten Teil ihrer Zeit zu
jagen und zu sammeln etc., um überhaupt überleben zu können.
Sie lernen, werden virtuoser, erfinden Werkzeuge, die ihre
Produktivität erhöhen. Dadurch ist mehr vorhanden, als zum
unmittelbaren Leben notwendig ist, d.h. es entsteht ein Mehrprodukt.
Dieses Mehrprodukt wird sich in einigen Gesellschaften solidarisch
angeeignet, in anderen privat. Die private Aneignung des Mehrprodukts
erlaubt die Freistellung von Arbeit und dadurch die Entwicklung von
weiterer Virtuosität und von Erfindungen, die wiederum die
Produktivität und damit das Mehrprodukt zu steigern erlauben. Die
Menschen können den ihnen zur Verfügung stehenden Reichtum ausdehnen.
Schließlich können die Menschen sogar über die Natur hinausgehen, z.B.
Metallarbeitung, Wasserkraft, Dampfmaschine, Webstuhl, industrielle
Revolution, maschinelle Produktion. Es entsteht eine Sphäre der
Produktion, mit eigenen Kreisläufen (Auto, Straße, Tankstelle), die
mit Naturkreisläufen nicht mehr viel zu tun haben.
Durch diese Ausdehnung des Reichtums konnten Schrecken der Natur wie
Seuchen und Naturkatastrophen eingedämmt werden. Die Maschine erlaubt
die Reduktion menschlicher Arbeitszeit, und die Überwindung feudaler
Herrschaftsverhältnisse zugunsten der bürgerlich-kapitalistischen
Gesellschaft.
Motor dieser Entwicklung ist der kapitalistische Markt. Innerhalb des
Kapitalismus wird jedoch ein Grundproblem dieser Entwicklung nicht
durchbrochen: das Darwinsche "survival of the fittest" (Überleben des
Anpassungsfähigsten). D.h. es werden verschiedene Spezies
hervorgebracht, und im Konkurrenzkampf um Ressourcen überleben nur die
Anpassungsfähigsten (wobei es auch Nischen gibt, in denen auch mal
weniger Anpassungsfähige ihren Part spielen können, was aber das
Grundprinzip nicht wesentlich ändert). Ähnlich konkurrieren auf dem
kapitalistischen Markt Kapitalisten (und auf dem Arbeitsmarkt
Arbeitnehmer), und die Anpassungsfähigsten setzten sich durch. Dieses
Prinzip wirkt wie eine Art "Glocke", eine Schwerkraft, die die
Entwicklung der menschlichen Möglichkeiten beschränkt.
Die Sphäre der Produktion hat bereits Vollautomation hervorgebracht
(fast menschenleere Fabriken, die wie von Geisterhand getrieben
materiellen Reichtum erzeugen). Aber im Kapitalismus wird die
Vollautomation nur dort vorangetrieben, wo es mehr Profite bringt. In
den USA gibt es bereits eine Kritik am Grad der europäischen
Automatisierung. Zugespitzt lautet die Kritik, es sei besser, keine
Schuhputzautomaten aufzustellen, sondern wieder menschliche
Schuhputzer diese Arbeit machen zu lassen, um
(Billiglohn-)Arbeitsplätze zu schaffen. Dies ist in meinen Augen eine
unmenschliche Argumentation: ein zentrales Anliegen muss sein, die
naturwüchsige "Glocke" über der Entwicklung der Produktion zu lüften
und Vollautomation (und zunehmend auch) künstlicher Intelligenz, als
konsequente Weiterentwicklung der Vollautomation zum Durchbruch zu
verhelfen.
Andererseits birgt die Maschine auch ziemliche Gefahren: plumpe
Dinosaurier-Technologie wie Atomkraftwerke, Überwachungsstaat
(Fußfesseln, Chipkarte), "Big brother" als "Faschisierung des Alltags"
(taz), Flucht ins Virtuelle, Terminator-Technologie (Meisterschaften
der sich gegenseitig zerstörenden Roboter, unbemannte Drohnen, die
Bomben werfen), Vereinzelung und Verapparatung (wir alle hängen
vereinzelt vor den Bildschirmen), bis hin zu den Borgs aus der
Science-Fiction-Serie "Star Trek": Mensch-Maschinen-Wesen ohne
Individualität, die anderen Kulturen nicht plump zerstören, sondern
assimilieren, d.h. das Beste von ihnen aufnehmen und integrieren.
Heute besteht noch ein Spannungsfeld zwischen Globalismus &
Vereinzelung: Gleichschaltung der vereinzelten, tendenziell nur noch
vermittelt über die Maschine kommunizierenden Individuen durch den
globalen Markt. Bei den Borg klappt dieses Spannungsfeld zusammen: sie
sind keine Individuen mehr, sondern nur noch über das maschinelle
Kollektiv handlungsfähig.
Der Kampf um die Humanisierung der Maschine ist also notwendig und in
vollem Gange. Wichtig ist dabei, Naturkreisläufe wahr- und
ernstzunehmen, und sanfte Technologie zu entwickeln, wie z.B. den
vollautomatischen Kuhstall.
Diskussion
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Einwand
Schaut da nicht ein Geschichtsdeterminismus, wie wir ihn aus
unfreundlichen alt-marxistischen Theorien kennen, um die Ecke?
Antwort
Diese Geschichtsphilosophie ist nicht die Wahrheit, sondern eine
Interpretation von Geschichte auf der Grundlage der Philosophie
des menschlichen Selbstbewusstseins. Zudem bin ich nur auf einen
Aspekt menschlicher Geschichte, nämlich das Verhältnis von Natur
& Maschine eingegangen - eben nicht als Hauptwiderspruch, sondern
als einen Bereich neben anderen, der allerdings bearbeitet werden
muss, wenn wir weiterkommen wollen.
Einwand
Die Technik-Begeisterung nach der Devise "Künstliche Intelligenz
macht die Menschen überflüssig" ist höchst problematisch.
Antwort
Die Gefahren der Verselbständigung von Technik sind oben
ausführlich genannt worden. Die Automatisierung und die
Entwicklung von künstlicher Intelligenz ist ein realer Prozess;
die Aufgabe ist der Kampf um die Humanisierung dieses Prozesses
und seines Ergebnisses. Die Entwicklung der technokratischen
Apparate geht tatsächlich dahin, dass Menschen mehr und mehr
überflüssig werden (aktuelle Schätzungen sprechen davon, dass nur
noch 20% der Menschen von der Ökonomie gebraucht werden). Der
Kampf um eine humane Welt besteht also auch darin zu zeigen, dass
(alle!) Menschen eben nicht überflüssig sind, trotz der
Entwicklung von künstlicher Intelligenz, und dass sie im
Zusammenspiel mit (einer humanisierten) KI ihre Möglichkeiten
erhöhen können.
Motoren der Ökonomie
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In der kapitalistischen Ökonomie ist der Markt der Motor der
Entwicklung; seine Deckelung in real-"sozialistischen"
Planwirtschaften führte zur Versumpfung. (Was passiert, wenn zehn
Planwirtschaftler nach Ägypten gehen? - Zehn Jahre erstmal gar nichts.
Dann wird allmählich der Sand knapp.) Entsprechend ist die DDR
schließlich vor allem ökonomisch zusammengebrochen. Im Kapitalismus
sind dagegen die Menschen das Schmiermittel des Motors Markt - immer
noch ziemlich ungemütlich.
Was könnte den Markt als Motor der Ökonomie ersetzen? Demokratisches
Wirtschaften basiert auf Natur & Maschine als zwei eigendynamischen
Motoren der Ökonomie. Die Menschen haben dann auf die realistische
Aufgabe der Humanisierung von Natur & Maschine, der Feinsteuerung der
Balance zwischen diesen Sphären.
Diskussion
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Frage
Wieso sind Natur & Maschine eigendynamische Motoren? Der Markt
basiert auf dem Zwang, aus Geld mehr Geld zu machen. Inwieweit
schafft Natur mehr Natur, und Maschine mehr Maschine?
Antwort
Natur hat eine Eigendynamik: wenn man ein Feld brach liegen
lässt, führt die natürliche Sukzession dazu, dass etwas wächst,
ohne dass die Menschen etwas dazu tun müssten. Frühling, Sommer,
Herbst und Winter sind ein ständiger Kreislauf, der aber eben
sich selbst genügt. Eigendynamik bedeutet ja nicht notwendig
Wachstum, sondern nur Funktionieren jenseits von menschlichen
Eingriffen.
Vollautomation geht schon stark in Richtung Eigendynamik der
Maschine; diese wird vollständig erst mit künstlicher Intelligenz
erreicht: dann wird Maschine unabhängig von den Menschen, und
dann schafft Maschine in der Tat mehr Maschine. Allerdings sind
Menschen & Maschine bereits jetzt untrennbar verwoben; die
Aufgabe der Humanisierung stellt sich bereits jetzt und nicht
erst, wenn die Eigendynamik erreicht ist.
Einwand
Die Vollautomation entledigt uns ja noch nicht von dem Problem,
dass bestimmte Stoffe in bestimmten Quantitäten vorhanden sein
müssen. Eine vollautomatische Weltplanungsmaschine ist eine
absurde Phantasie. Wie soll die Arbeitsteilung koordiniert
werden? Die (z.B. gestern in einer Veranstaltung angestellten)
Überlegungen, Arbeitsteilung in lokalen Bereichen vorzunehmen und
nur bei bestimmten Fragen darüber hinauszugehen, haben mit
Automation nichts zu tun. Eine lokale Produktion mit
computergesteuerten Werkzeugmaschinen wird kaum den dafür
benötigten Stahl auch lokal produzieren können, und auch sicher
nicht vollautomatisch.
Antwort
Ich bin für eine schwerpunktmäßig lokale Versorgung z.B. mit
Nahrungsmitteln (das praktizieren wir auch in Bremen), aber Dinge
wie Stahlproduktion bedürfen natürlich größerer Vernetzung im
europäischen oder sogar Weltmaßstab.
Vollautomatische Planung existiert ja bereits. Die großen
multinationalen Konzerne sind ja planwirtschaftlich
organisiert...
Einwand
Lenin hat geglaubt, dass die Wirtschaft wie die deutsche Post
organisiert werden kann. Ich habe bei Philips und bei Siemens
gearbeitet: dort war das Chaos pur. Das einzige
Koordinationsmittel sind unternehmensinterne Märkte, durch die
die Menschen gezwungen werden, etwas zu tun. Es gelingt überhaupt
nicht, das in irgendeiner Weise zu kontrollieren. Die Planung in
so einem Konzern erstreckt sich auf nicht mehr als vier Monate,
weil sie nicht wissen, was nach vier Monaten passiert.
Antwort
Bei VW in Hannover wird sehr detailliert geplant, wann welches
Material bzw. welche Teile von den Zulieferern benötigt werden,
um die Autos zusammenzubauen. Man gibt den Kundenwunsch nach
genauer Ausstattung des Autos in einen Datenträger ein, der auf
der vollautomatischen Fertigungsstraße mitläuft, und dann werden
die Teile entsprechend eingebaut. Hier gibt es also eine
weitgehende Planung durch die Maschine. Ein Bahner sagte mir, den
europäischen Bahnfahrplan in die Computer zu bringen, sei
komplexer als viele Produktionsanlagen, und auch dies
funktioniert inzwischen mehr oder weniger automatisch. Um
tatsächlich hier einen Durchbruch zu erzielen, wird künstliche
Intelligenz benötigt, die solche Planungsprozesse in die Hand
nehmen kann. Das Wichtige ist, dass die Menschen die Oberhand
behalten über die Grundfragen, wie produziert werden soll, ob
z.B. bestimmte Materialien lieber nicht eingesetzt werden sollen,
weil sie ökologisch problematisch sind. Oder die Frage, ob wir
mehr arbeiten wollen für einen höheren Konsumstandard, oder
lieber bei niedrigerem Konsumstandard mehr Freizeit genießen
wollen. Dies sind ökonomische Fragen, die die Gesellschaft
entscheiden muss, und die nicht durch einen starren Plan
vorgegeben werden dürfen. Hingegen die Detailplanung
basisdemokratisch diskutieren zu wollen, ist bereits auf lokaler
Ebene schwierig. In Planwirtschaften haben sich bisher immer die
Pläne zu Herrschaftswissen entwickelt. Deswegen sehe ich gar
keine andere Chance, als die Detailplanung soweit zu
automatisieren, dass sich die Menschen darauf konzentrieren
können, die wesentlichen Parameter zu bestimmen - durch eine
demokratische Diskussion.
Einwand
Eine basisdemokratische Diskussion über Finanzen und
Arbeitszeiten ist ab einem bestimmten Punkt unmöglich. Aber die
Industrie hat das auch für sich gelöst: fraktale Firmen, die in
kleine Unterfirmen aufgeteilt sind, so dass Unterfirmen desselben
Konzerns sich gegenseitig Konkurrenz machen. Da wird das auf
kleine Einheiten runtergebrochen. Andererseits haben auch
anarchistische Gesellschaften sich in kleine Einheiten
aufgeteilt, die für sich diskutiert und geplant haben, allerdings
so, dass die Gesamtgesellschaft die Vorgaben gegeben hat. So wie
in Industriebetrieben Werkzeuge und Material gestellt werden, und
die Arbeiter müssen produktiv werden, wie, können sie selbst
entscheiden, aber die Rahmenbedingungen sind vorgegeben.
Automobilkonzerne sind ein Extermbeispiel. Konzerne wie Siemens
oder Philips sind Mischkonzerne, bei denen Chaos herrscht und
keine zentrale Planung.
Antwort
Ich bin sehr für selbstorganisierte Prozesse. Große Mischkonzerne
hingegen braucht man meiner Meinung nach nicht. Eine freie
Produktion wird sich nach Sparten aufteilen, nicht nach
Profitbildung. Zudem stimmt die Gleichsetzung Dezentralisierung =
Markt nicht. Bestes Gegenbeispiel ist die Entwicklung von Linux:
anarchistisch-dezentral, mit sehr loser zentraler Koordination
über das Internet, aber eben ohne Markt. Die Frage ist eher, wie
tragfähig diese dezentralen Strukturen schon sind und wann sie
reif genug sind, die zentralistischen Strukturen abzulösen.
Einwand
Wer geht auf die Erdölfelder, wer geht holt die Kohle aus der
Erde, wer geht in die Hütte und produziert den Stahl? Diese
Stoffe brauchen wir (auch gerade für die Automatisierung),
zumindest bis etwas anderes gefunden wurde. Diese Frage wird hier
ausgeblendet. Das ist notwendige die Arbeit, die wirklich Scheiße
ist. Ich hätte keine Lust dazu, auch nicht als Ingenieur.
Antwort
Kohle und Öl sollten wir natürlich schnellstmöglich durch
regenerative Energien ersetzen. Bereits jetzt werden autonom
agierende Roboter in Kohlegruben eingesetzt, wenn auch nur zur
Erkundungszwecken. Die Robotisierung entwickelt sich aber so
schnell weiter, dass es bald technisch möglich sein würde, Kohle,
Öl und Stahl auch automatisch zu gewinnen. Ob das auch realisiert
wird, hängt im Kapitalismus davon ab, ob es profitabler ist, als
Menschen einzusetzen.
"Ein Roboter ging voran bei der Erkundung einer Kohlgrube,
die beißenden Rauch und Hitze ausstieß und dadurch den
unterirdischen Durchgang für Tage unpassierbar machte. (...)
Dies war das erste Mal, dass ein Roboter im Vorfeld in eine
Kohlegrube geschickt wurde, um zu gewährleisten, dass die
Bedingungen sicher waren. (...). Wir brauchten keine
Menschen dorthin zu schicken, weil wir den Roboter hatten.
(...) Könnte der Roboter, genannt V-2, der erste einer
langen Reihe von solchen Maschinen sein, die in
unterirdischen Kohlegruben arbeiten?"
(http://www.aaai.org/AITopics/html/rescue.html, Übersetzung
von mir)
"Viele Güter werden heute in menschenleeren Fabriken
hergestellt, die Rolle des Menschen dabei ist immer mehr
eher durch Design und Vermarktung des Produkts oder
Konzeption und Überwachung der Produktionstechnik
gekennzeichnet als durch handwerkliche Herstellung von
Artefakten."
"Der Mensch findet sich in einer Welt wieder, in der viele
seiner bisherigen Aufgaben und Fähigkeiten von Maschinen
übernommen und ausgeübt werden können, er muss sich
vergegenwärtigen, dass er teilweise ersetzbar ist und sich
auf das besinnen, was ihn von der Maschine unterscheidet
(siehe auch Wissensgesellschaft)"
(http://de.wikipedia.org/wiki/Automatisierung)
"Heutzutage können die neuen intelligenten Technologien
einen großen Teil menschlicher Arbeit ersetzen - sowohl
körperliche als auch geistige. (...) Bauernhöfe, Fabriken
und viele Weiße-Kragen-Dienstleistungsbetriebe werden in
rascher Folge automatisiert. Immer mehr körperliche und
geistige Arbeit, von den einfachsten, immer gleichen
Hilfstätigkeiten bis hin zu konzeptionell höchst
anspruchsvollen Spezialaufgaben, wird im 21. Jahrhundert von
billigeren und leistungsfähigeren denkenden Maschinen
erledigt werden. (...) Das Industriezeitalter bereitete in
den USA der Sklavenarbeit ein Ende, das
Informationszeitalter wird der massenhaften Lohnarbeit den
Garaus machen." (Jemery Rifkin, Das Ende der Arbeit und ihre
Zukunft, Neuauflage, Frankfurt/New York2004, S. 22-25
Weitere Grundsätze demokratischen Wirtschaftens
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Gemeineigentum an Produktionsmitteln, aber nicht als Staatswirtschaft,
sondern als basisdemokratisch kontrollierte Produktion. D.h. die
Produzierenden unterliegen der Wahl und Abwahl durch die Bevölkerung.
Innerbetriebliche Demokratie ist natürlich auch wichtig, aber die
Gesellschaft muss auch die Möglichkeit haben, z.B. die Ansiedelung
eines Gentechnik-Betriebs zu verhindern, selbst wenn sich die
Mitglieder dieses Betriebs einig sind.
Diese Demokratisierung ist nur möglich auf Grundlage einer massiven
Arbeitszeitverkürzung, denn Basisdemokratie braucht Zeit. [3] Über
lokale Zusammenhänge sind die Menschen eingebunden in die
gesellschaftliche Diskussion. Wirtschaft ist sehr komplex, nur grobe
Linien können überhaupt demokratisch mitbestimmt werden. Um sich in
diesem Sinne mündig zu machen, d.h. überhaupt erstmal herauszufinden,
bei welchen Fragen man mitentscheiden möchte, und dann von diesen
Fragen eine gewisse Grund-Ahnung (nicht mehr, das muss für eine
Entscheidung ausreichen) zu bekommen, brauchen die Menschen einen
Freiraum.
Freie kooperative Arbeit und freie Verteilung wie bei Linux. Näheres
siehe unten unter "Versuch einer positiven Bestimmung von lokaler
Praxis".
Diskussion
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Einwand
Arbeit wird als etwas Schlimmes gesehen. Es gibt aber Menschen
(z.B. Erdbeerzüchter, Tischler, oder in einer Käserei
Arbeitende), die ihre Arbeit lieben, sie befriedigend finden und
sie nicht missen möchten (selbst wenn sie "schmutzig" ist). Durch
Automatisierung stellt man Arbeit als etwas Schlechtes hin. Es
sollte die Möglichkeit geben, demokratisch zu entscheiden: wir
wollen arbeiten. Handwerk ist ein Stück Kultur, welches durch
Vollautomation zerstört wird.
Antwort
Marx unterscheidet zwischen "Reich der Notwendigkeit" und "Reich
der Freiheit", zwischen notwendiger Arbeit und freier Tätigkeit.
Es gibt Arbeiten, wie z.B. Müllabfuhr, die u.U. nicht mit
kreativer freier Tätigkeit verbindbar sind. Diese notwendige
Arbeit kann durch Automation minimiert werden.
Einwand
Du machst eine Einteilung zwischen Spaß und notwendiger Arbeit.
Es kommt dabei heraus, dass notwendige Arbeit etwas Schreckliches
ist. Ich meine aber, dass notwendige Arbeit auch etwas Positives
sein kann. Derjenige, der z.B. eine Käserei betreibt, kann das
aus Leidenschaft machen und eine Qualität und Vielfalt von
Produkten erreichen, die eine vollautomatische Produktion nie
erreichen würde. Handwerklich hergestellte Spezialprodukte und
Kleinserien werden mit einem unglaublichen Wissen und Spaß
gefertigt. Erfahrung und Lebenswissen, das man auch weitergeben
kann. Das ist auch eine kulturelle Aufgabe. Gleichzeitig ist dies
eine Form von Notwendigkeit: die Menschen wollen Milchprodukte
haben, und man kann sie in lokalen Verbänden in kleinen Mengen
und hoher Qualität produzieren, natürlich auch mit einem
bestimmten Einsatz an schlichter Technik. Die Menschen sollten
wählen können, ob sie automatische Massenproduktion wollen, um
viel freie Zeit zu haben, oder ob sie lieber handwerkliche Arbeit
als Notwendigkeit begreifen wollen.
Gerade in der handwerklichen Produktion, z.B. in einer
Schreinerei, sind Qualitäten möglich, die weder in der
vollautomatischen Produktion noch im Hobby möglich sind.
Antwort
Handwerkliche Tätigkeiten, z.B. Töpfern, können als Kreativ-Sein
begriffen werden. Wieso muss das unbedingt notwendige Arbeit
sein? Handwerk kann als freie Tätigkeit weiter existieren: wenn
ich einen Schrank schreinern oder eine Hose nähen will, kann ich
das selbstverständlich tun. Wenn ich aber keine Lust dazu habe
und auch niemand anders finde, der dazu Lust hat, hole ich mir
meinen Schrank und meine Hose eben aus der vollautomatischen
Produktion, und kann sie ggf. danach noch individuell bearbeiten.
D.h. die Notwendigkeit wurde reduziert, die Freiheit erhöht.
Frage
Keimform von was? Neue Form von Ökonomie, Gesellschaft, Politik?
Antwort
Keimform einer Ökonomie, die aber nur eine Sphäre menschlicher
Existenz darstellt. Oekonux meint damit aber nicht nur die
Ökonomie, sondern die gesamte Gesellschaft. Es geht darum, die
Dominanz des Ökonomischen in der Gesellschaft zurückzudrängen. Ob
die Ökonomie ganz abgeschafft werden kann, wie es einige bei
Oekonux meinen, wage ich zu bezweifeln. Ich meine, es ist
wichtig, ein Reich der Notwendigkeit gesellschaftlich
auszuweisen. Notwendigkeiten müssen dabei nicht stumpf
abgearbeitet werden, sondern können natürlich freiheitlich
angereichert werden, so dass sie auch Spaß machen können. Sie
können aber nicht völlig ins Reich der Freiheit aufgelöst werden.
Frage
Könnte Arbeit als Begriff kapitalistischer Ausbeutung nicht auch
ganz wegfallen?
Antwort
Die Vorstellung, dass Individuen & Gesellschaft von selbst in
Einklang kommen, widerspricht jeder Erfahrung. Wo wird so etwas
auch nur in Ansätzen praktiziert? Realistischer ist die
"Befreiung der Arbeit von der Lohnarbeit" (Marx). D.h.
Selbstentfaltung alleine reicht nicht aus, sondern müssen die
verbleibende notwendige Arbeit bestimmen. Darunter fällt z.B. die
Humanisierung (u.a. Humanisierung von Natur und Maschine),
basisdemokratische Organisation der Gesellschaft,
Kindererziehung, Alten- und Krankenpflege.
Einwand
Gerade bei der Alten- und Krankenpflege ist die Automation
besonders reizvoll, da für jede Krankheit und Altersschwäche die
zu leistenden Aufgaben genau definiert und die Roboter darauf hin
konstruiert werden können. Es muss nur verhindert werden, dass
alte Menschen niemanden zum Reden haben. Allerdings könnte in 50
Jahren vielleicht ein Roboter sich besser mit alten Menschen
unterhalten als ein schlecht ausgebildeter Krankenpfleger, weil
er viel wissenschaftlicher auf die Anforderungen eingehen kann,
dafür konstruiert ist. Es ist also inhuman, Menschen mit diesen
Aufgaben zu belasten.
Antwort
Ich finde es inhuman, Alten- und Krankenpflege Robotern zu
überlassen (oder Schimpansen; beides wird bereits praktiziert).
Roboter können zwar Routinearbeiten erledigen und insofern
unterstützend wirken, aber menschliche Kreativität und soziale
Kompetenz nicht ersetzen. Es gibt auch sehr erfolgreiche Modelle
der Betreuung von alten Alten z.B. durch junge Alte. Das Aufgabe
ist die Überwindung der Vereinzelung, Kooperation zu lernen.
Was heißt das für eine lokale Praxis vor Ort?
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Kritik einiger existierender Ansätze
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Rudi Dutschke [4] hat die Idee entwickelt, stagnierende
Produktionszweige zu übernehmen. In den 1970er und 1980er Jahren
wurden vielfach Konkurs gegangene Betriebe von den Belegschaften
übernommen und als Alternativbetriebe selbstverwaltet weitergeführt,
z.B. in Bremen der Arbeitnehmerbetrieb Windenergie. Heute sind daraus
auf Grund des Zwangs, sich am Markt zu behaupten, großteils wieder
normale kapitalistische Betriebe geworden, in denen ein Chef
entscheidet und ggf. auch Mitarbeiter entlässt. "Sozialismus in einem
Betrieb" ist nicht möglich.
Parallel gibt es eine staatlich geförderte Szene von NGOs
(Nichtregierungsorganisationen) und Projekten ("Zivilgesellschaft"),
die eine wichtige kritische Funktion in der Öffentlichkeit hat und
auch z.B. Beratung leistet, die aber in Zeiten knapper Kassen mehr und
mehr beschnitten wird und daher extremen Anpassungszwängen unterliegt.
Tauschringe haben sich weltweit als ökonomische Selbsthilfe entwickelt
und zur Belebung von Regionen geführt, die der Weltmarkt links liegen
lässt. Sie verbleiben jedoch in der Privatarbeit und dringen
allenfalls zur kooperativen Tauscharbeit, aber nicht zur freien
Kooperativarbeit vor. Privatarbeit heißt Arbeit, um den eigenen
Lebenserwerb zu sichern, gegen Bezahlung. Bei kooperativer Arbeit
kooperieren Menschen freiwillig, nicht durch einen Tauschwert
vermittelt, wie es z.B. bei der Entwicklung von Linux praktiziert
wurde und wird. Tauschringe bleiben aufgrund des
Privatarbeit-Charakters immer Ergänzung zum Weltmarkt (wie z.B. Sven
Giegold empirisch nachgewiesen hat), während mit freier kooperativer
Arbeit ein Produkt an der Spitze der technologischen Entwicklung
geschaffen werden konnte, nämlich GNU/Linux.
Diskussion
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Einwand
Markt bedeutet ja auch Kooperation: jeder arbeitet, um Geld zu
bekommen, mit dem er dann von anderen die Arbeit/Produkte
einkaufen kann, die er selbst nicht leisten/herstellen kann.
Antwort
Allerdings ist die marktvermittelte Kooperation eine erzwungene,
entfremdete Kooperation. Die Marktteilnehmer sind gezwungen, auf
bloße Vermutung hin etwas zu produzieren (oder eine Ausbildung zu
erwerben), der Markt lehrt sie erst hinterher, was gefragt ist
und was nicht. Zudem untergräbt die Konkurrenz die Kooperation
(Microsofts Geschäftsmodell basiert z.B. auf extrem
nicht-kooperativem Verhalten). Freie Kooperation hingegen basiert
auf einer Diskussion über die Bedürfnisse, was wollen wir
erarbeiten, wie können wir dafür kooperieren?
Einwand
Auch für den Markt wird erst dann produziert, wenn vorher ein
Bedarf analysiert wurde oder geweckt werden konnte.
Antwort
Der Markt ist unter den Bedingungen einer Mangelwirtschaft sicher
das am wenigsten schlechte Instrument, um Produktion und
Konsumtion aufeinander abzustimmen. Nur werden die
menschenunfreundlichen Nebenwirkungen des Marktes heute immer
deutlicher. Microsoft Windows 95 wurde mit einer riesigen
Werbekampagne, mit einer Medienmanipulation an den Markt
gebracht, und führte zu einer Monopolstellung. Die Monopolbildung
hat schon Marx analysiert: die Großen fressen die Kleinen. Nur
sehr große Konzerne ("global Players") können noch dem
Konkurrenzdruck überhaupt standhalten, was auch zur aktuellen
Welle von Fusionen führt. Das heißt, dass der Markt ein
totalitäres System geworden ist. Einzelne Konzerne sind
marktbeherrschend und können die Bedingungen der Kooperation
diktieren. Z.B. schreiben Automobilkonzerne ihren Zulieferern
detailliert vor, wann sie welche Teile - just in time - wo
hinzuliefern haben. In Indien bringen sich reihenweise Bauern
selbst um, weil sie für ihre Baumwolle auf dem Weltmarkt nur noch
einen Preis erhalten, der unter den Produktionskosten liegt.
Einwand
Wieso Kritik an autark arbeitenden Gruppen, wie z.B. den
Hutterern? Sollen diese verboten werden?
Antwort
Die Hutterer wurden von Wolfgang Polatzek in seiner gestrigen
(d.h. am 20. Mai 2004 stattgefundenen) Veranstaltung "Von der
lokalen zur transformativen Ökonomie" [5] als Beispiel für eine
autark wirtschaftende Gemeinschaft genannt. Sie sind allerdings
eben auch eine autoritäre christliche Sekte. Autark
wirtschaftende Gemeinschaften haben eine derartig niedrige
Produktivität, dass sie nur durch ein autoritäres Prinzip von den
materiellen Verlockungen des Kapitalismus und den Fliehkräften
des kapitalistischen Marktes ferngehalten werden können
(praktische Gegenbeispiele müssten mir ggf. aufgezeigt werden).
In den israelischen Kibbuzim stehen die Kinder regelmäßig vor der
Entscheidung, ob sie im Kibbuz oder in der umgebenden
kapitalistischen Gesellschaft weiterleben wollen. [6] Vielfach
lernen sie auch beide Welten kennen, bevor sie sich entscheiden;
für eine selbstbewusstse Entscheidung ist dies wohl unerlässlich.
Dass die Kinder der Hutterer eine solche Entscheidungsfreiheit
nicht haben, finde ich nicht in Ordnung.
Versuch einer positiven Bestimmung von lokaler Praxis
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1999 wurde in Hamburg der erste Umsonstladen gegründet; inzwischen
gibt es bundesweit 27 Umsonstläden (siehe http://www.umsonstladen.de
[http://www.umsonstladen.de/]). Das aus der freien Software bekannte
Prinzip der freien Verteilung wird dort auf materielle Güter
übertragen: alle können Dinge bringen, die sie nicht mehr brauchen,
oder Dinge mitnehmen, die sie brauchen. Bringen und mitnehmen sind
nicht gekoppelt; es gibt kein Tauschprinzip. Die Umsonstläden erlauben
die Erfahrung zu machen, dass materieller Reichtum ohne menschliche
Arbeit vorhanden ist.
Die Grenze der Umsonstläden besteht in ihrer Abhängigkeit von den
Abfällen der kapitalistischen Warenproduktion. Es ist nicht möglich,
dort gezielt bestimmte Produkte zu bekommen.
Die freien Grundversorgungsläden der Bremer Commune hingegen
konzentrieren sich auf einen internen ökonomischen Zirkel, um diese
Schranken zu überwinden. Sie garantieren einen vorher
basisdemokratisch festgelegten minimalen (Über-)Lebensstandard. Der
Aufwand dafür (Arbeit, und solange die kapitalistische Ökonomie uns
umgibt, auch noch Kosten) wird solidarisch auf alle verteilt. Also
freie Verteilung in einem materiellen Bereich, wo es darauf ankommt:
wenn ich z.B. meinen Tomatenaufstrich nicht um Grundversorgungsladen
finde, bekomme ich schon organisatorische Probleme, weil ich es nicht
mehr gewöhnt bin, im Supermarkt einzukaufen.
Diese Läden beschränken sich zunächst allerdings auf die Verteilung.
Woher kommen die Produkte? Wie oben ausgeführt, bietet die Übernahme
stagnierender Produktionszweige keine Perspektive in Richtung freier
kooperativer Arbeit.
Keine Emanzipationsbewegung wird das Kapital haben, vollautomatische
Betriebe innerhalb des Kapitalismus zu übernehmen (und wenn sie es
hat, musste sie sich höchstwahrscheinlich dafür so vielen Mechanismen
unterwerfen, dass es sich nicht mehr um eine Emanzipationsbewegung
handelt).
Die Bremer Commune praktiziert Simulation von Vollautomation. Wir
nehmen den Zustand vorweg, dass vollautomatisch produzierte Produkte
frei verteilt werden. Durch intelligenten Einsatz von Arbeit und Geld
können wir vollautomatisch produzierte Produkte kaufen, nicht ohne
deren Produktionsprozess zu untersuchen: könnte man solche eine
produzierende Fabrik als freie Fabrik weiterführen? Oder zumindest in
eine humanisierte Produktion umwandeln? Nur solche Produkte kommen in
den Laden. Die Grundversorgung umfasst z.B. Lebens- und
Körperpflegemittel, aber auch PC und Internet (wobei eine Untersuchung
der PC-Produktion noch aussteht).
Für die Produkte muss noch Geld ausgegeben werden, solange wir keinen
unmittelbaren Zugriff auf die Vollautomation haben. Das Geld wird
erwirtschaftet über Teilzeit-Erwerbsarbeit, wir sind also Grenzgänger
zwischen Erwerbs- und Nicht-Erwerbswelt. Bei Finanzierung eines
Projektes (und nicht der Individuen) über Marktverkauf oder
Staatsknete drohen Integrationsmechanismen, es kommt bestenfalls nur
eine Reform des Kapitalismus heraus (die ja nicht abzulehnen ist, aber
möglicherweise eben nicht hinhaut: "Reform" ist heute schon Synonym
für Sozialabbau geworden).
Im Feudalismus hieß die Entscheidung: bleibe ich Leibeigener oder
fliehe ich und werde freier Stadtbürger? [7] Die Fesseln der
Leibeigenschaft konnten gesprengt werden: Stadtluft macht frei! (Auch
wenn der freie Stadtbürger dann auch frei von Produktionsmitteln war,
und daher gezwungen, seine Arbeitskraft zu verkaufen.) Heute ist die
Entscheidung die zwischen karriereorientierter Fixierung auf
Erwerbsarbeit(slosigkeit) einerseits und einer bewussten
Zweigleisigkeit andererseits. Bei der bewussten Zweigleisigkeit steht
nicht mehr die Erwerbsarbeit(slosigkeit) im Mittelpunkt der
Überlegungen, sondern die beiden Säulen Selbstorganisation &
Teilzeit-Erwerbsarbeit. [8] Aus der Selbstorganisation schöpfe ich den
Rückhalt, die Erwerbsarbeit auf Teilzeit zu begrenzen - gegen die
immer noch großen Vorbehalte des Mainstreams gegen Teilzeit.
Die Freie-Software-Bewegung mit GNU/Linux ist eine praktizierte
konkrete Utopie. Demokratisches Wirtschaften geht aber darüber hinaus.
Wir brauchen deshalb auch praktizierte Alternativen vor Ort, die die
Tauglichkeit dieser Ansätze überprüfen, Stadtteilzentren, in denen
oben skizzierte lokale Praxis Wirklichkeit wird.
Diskussion
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Einwand
Die freien Grundversorgungs-Läden sind nicht frei. Sie basieren
auf kollektivem Tausch und solidarischer Verteilung.
Antwort
Im Kapitalismus gibt es keine befreiten Inseln. Auch die
Programmierer der Freien-Software-Bewegung müssen sich
kapitalistisch reproduzieren, ihr Geld verdienen. Auch die
Infrastruktur des Internets wird von kapitalistischen Unternehmen
bereitgestellt. Was bleibt ist die Möglichkeit, klare Strukturen
zu entwickeln, eine Teilrealität, innerhalb derer neue Prinzipen
praktiziert werden. Nach außen hin sind immer Marktbeziehungen
notwendig, solange der Kapitalismus existiert. Das ist in der
freien Software-Bewegung nicht anders als im freien
Grundversorgungs-Laden.
Einwand
Der Markt führt von selbst zur Automation, da nur dies erlaubt,
Güter günstig anzubieten. Man muss also nur Geduld haben, und die
Produktion automatisiert sich von selbst.
Antwort
Nicht ganz, siehe die oben beschriebenen US-Entwicklungen zum
manuellen Schuhputzer. Der Kapitalismus automatisiert nur dort,
wo es sich für ihn ökonomisch lohnt, nicht unbedingt dort, wo
monotone, gefährliche und/oder mühselige menschliche Arbeit
ersetzt werden könnte. Zudem ist Automation noch längst nicht die
freie Gesellschaft, sondern nur eine Grundlage unter anderen.
Automatisch produzierte Güter werden z.B. ja nicht automatisch in
demokratischer oder ökologischer Weise produziert, und auch nicht
automatisch frei verteilt.
Frage
Woher kommen Brot und Marmelade in den Grundversorgungs-Läden?
Antwort
Die Grundversorgung wird in der Bremer Commune gemeinsam
festgelegt und der Aufwand solidargemeinschaftlich auf alle
umgelegt (Arbeitszeit + Geld). Wir suchen uns den progressivsten
kapitalistischen Betrieb heraus, von dem wir das Brot kaufen.
Selbst Brot zu backen, haben wir wegen des zu hohen (auch
ökologischen) Aufwands wieder verworfen, es ist natürlich als
Hobby weiterhin möglich.
Frage
Also eine Konsumgenossenschaft?
Antwort
Marx wies darauf hin, dass die Sphäre der Distribution nicht von
der Sphäre der Produktion zu trennen und dass die Umwälzung der
Produktionsbedingungen das Entscheidende ist:
"Wir empfehlen den Arbeitern, sich eher mit
Produktivgenossenschaften als mit Konsumgenossenschaften zu
befassen. Die letzteren berühren nur die Oberfläche des
heutigen ökonomischen Systems, die ersteren greifen es in
seinen Grundfesten an." (Karl Marx, Instruktionen für die
Delegierten des Zentralrats, MEW, Bd. 16, S. 195,196).
Nur: Produktionsgenossenschaften bedeuten massive
Selbstausbeutung und Produktion auf niedrigem Niveau (vgl. auch
obige Kritik an Alternativbetrieben). Andererseits berühren
Konsumgenossenschaften tatsächlich nur die Oberfläche des
Systems. Was könnte ein Ausweg aus diesem Dilemma sein?
Der Begriff der Grundversorgung weist bereits über den wahllosen
Konsumismus der Konsumgenossenschaften hinaus. Zudem werden die
Produkte für die Grundversorgungs-Läden nicht einfach eingekauft,
sondern es gibt eine AG, die kapitalistische Produktionsstätten
besucht und vor dem Hintergrund einer zukunftsfähigen Produktion
beurteilt. Zudem ist die Verteilung, anders als bei einer
Konsumgenossenschaft, intern frei, es gibt keine Kasse.
Frage
Also eine Art Essens-Flatrate?
Antwort
Wenn man so will. Allerdings ist die Grundversorgung nicht auf
Essen beschränkt, sondern umfasst z.B. für jeden auch ein Fahrrad
und einen PC mit Internetanschluss. Zudem verbleibt der Begriff
der Flatrate sehr innerhalb der Konsumgenossenschaften, und
blendet aus, dass der Grundversorgungs-Laden in ein
globalisierungskritisches Stadtteilzentrum eingebunden ist, in
dem auch gemeinsam Antworten auf die soziale Frage gesucht,
weitere Lebensbereiche kooperativ organisiert und die Produktion
der verteilten Güter kritisch unter die Lupe genommen werden. Es
stellt sich also auch die Frage nach einer neuen, anderen
Organisation von Gesellschaft.
Frage
Wie sehen die Entscheidungsstrukturen aus? Wieso muss eine
größere Gruppe über eine kleinere Gruppe Volksherrschaft
(Demokratie) ausüben? Das Beispiel der anti-demokratischen
Kommune Niederkaufungen zeigt doch, dass in einem Kreis von
immerhin 60 Menschen ein Konsensprinzip möglich ist.
Wir haben in Europa an demokratische Traditionen, in anderen
Kulturen gibt es Konsensbildung. Da tun wir uns sicherlich
schwer. Konsensbildung in kleinen Gemeinschaften hat sich
kulturgeschichtlich bewährt.
Antwort
Räte- und Basisdemokratie hat eine lange Geschichte von
Erfahrungen (Pariser Commune, Arbeiter- und Soldatenräte 1918/19,
68er-Bewegung, Prager Frühling). Es ist ganz entscheidend,
basisdemokratische Strukturen zu entwickeln, auch damit Menschen
auf die Ökonomie, die heute ein großer verselbständigter Apparat
ist, Einfluss nehmen können. Eine Wirtschaft
gesamtgesellschaftlich mit Konsensprinzip zu managen, halte ich
für illusorisch. Von Niederkaufungen gibt es auch Berichte, dass
das Konsensprinzip den Nachteil hat, dass ein Einzelner mit
seinem Individualismus die ganze Gruppe blockieren kann. Wenn
kein Konsens erzielt werden kann, dauert es manchmal tagelang,
bis über undurchschaubare subtile soziale Mechanismen die
Entscheidung in die eine oder andere Richtung kippt. Ich bin
daher sehr für offene Aussprache und Abstimmung, falls kein
Konsens gefunden werden kann - ich bin ja auch in mir selbst mir
oft nicht einig. Natürlich heißt das nicht, in die formalen
Kampfabstimmungsrituale von Parteitagen zu verfallen - sondern
Austausche der Argumente und Diskussion, die oft ja auch zu einem
Konsens führt - erst wenn dieser nicht erreichbar ist, kommt es
zur Abstimmung. Aber gerade wenn es um komplexe gesellschaftliche
Prozesse geht (Europa besteht z.B. aus 400 Millionen Menschen),
ist eine Einigung im Konsens äußerst unrealistisch.
Frage
Wieso hältst du an Demokratie, also an Herrschaft fest?
Antwort
Ich bin kein reiner Anarchist, der glaubt, Individuum und
Gesellschaft könnten unmittelbar deckungsgleich sein. Davon
auszugehen, ist mir mit zu vielen Gefahren verbunden. Im
globalisierten Kapitalismus sind die Individuen derart
vereinzelt, dass Basisdemokratie erst mühsam gelernt werden muss.
Gesellschaft ist ein komplexes System. Basisdemokratie ist
anfällig für Störungen: da braucht man "herrschaftliche Mittel"
(im Sinne von Durchsetzung basisdemokratischer Entscheidungen),
um die Störung wieder ins Lot zu bekommen - oder aber die Gruppe
(bzw. Gesellschaft) zerfällt schleichend. In Europa haben wir
parlamentarische Demokratie, bei der die Menschen sich nur in
sehr geringem Maße beteiligen können. Basisdemokratie in
europäischem Maßstab ist also eine echte Herausforderung. Die
Erfahrungen der Pariser Commune, Räterepublik, Grüne, Attac,...
mit Rätedemokratie gilt es auszuwerten und auf ein neues Niveau
zu bringen, um Basisdemokratie realisieren zu können. Praktische
Erfahrungen mit unmittelbarer Deckungsgleichheit zwischen
Individuum und Gesellschaft sind mir nicht bekannt.
Frage
Wie stehst du zu Teilungen, also dem, was in der freien
Software-Bewegung als "Fork" bezeichnet wird?
Antwort
Grundsätzlich positiv. Auch wenn ich kein Verfechter von
Tauschringen bin, finde ich den Ansatz der Tauschring-Szene
interessant, sich ab einer bestimmten Obergröße (typischerweise
300 Menschen) zellzuteilen. Allerdings sollte im Auge behalten
werden, dass eine Teilung erst ab einer bestimmten Anzahl von
Menschen wirklich weiterbringt. Wenn sich kleine Gruppen teilen,
weil sie sich zerstritten haben, zeugt dies eher von defizitärer
Streitkultur und führt zur Zersplitterung.
Einwand
Es gibt eine uralte Auseinandersetzung in der Arbeiterbewegung:
der Marxismus hat Konsum- und Produktionsgenossenschaften klar
abgelehnt, was sich auch im Erfurter Programm der SPD
widerspiegelt. Dies hat viele Diskussionen und soziale
Experimente abgewürgt. Stattdessen wurde auf Großindustrie,
zentrale Planung und ein deterministisches Weltbild gesetzt. Erst
in den letzten Jahren ist diese Kontroverse zwischen
Sozialdemokratie/Marxismus und Anarchismus wieder aufgenommen
worden.
Antwort
[9] Das Verhältnis von Politik und Ökonomie haben wir ja schon
heute morgen bei Rauls Veranstaltung diskutiert. Ich gehe mit der
Kritik am Marxismus überein: Marx hat das Politische überbetont:
Organisation der Arbeiter, nicht Organisation der Arbeit. Er
setzte also auf politischen Klassenkampf, in dem sich erst die
Grundsätze einer neuen Gesellschaft herausbilden. Die
Kooperativbewegung hat er eher verächtlich betrachtet. Ad
absurdum geführt hat dies dann Lenin mit einer Erziehungsdiktatur
von oben. Wir können aber eine neue Gesellschaft nur dann
erreichen, wenn eine Teilrealität des Neuen schon innerhalb des
Alten heranreift. Das ist ja auch die Keimform-Theorie von
Oekonux. Marx selbst sah schon die Doppelfunktion von Revolution:
Sturz der Herrschenden, und Befähigung der Menschen zur
Begründung einer neuen Gesellschaft - nur die zweite Funktion hat
er links liegen gelassen. Es ist aber wichtig, diese beiden
Aspekte zu verkoppeln: heute die globalisierungskritische
Bewegung und die Frage nach einer neuen Ökonomie und
Gesellschaft. Wir sollten uns aber nicht der Illusion hingeben,
mit Alternativ-Experimenten schon komplette befreite Inseln
schaffen zu können: die Experimente werden immer einem starken
Druck ausgesetzt sein. Deshalb ist gerade die Verbindung zu
politischen Bewegungen wichtig, um diesen Druck nach außen zu
geben und weitere Freiräume zu erkämpfen.
Frage
Das politische Zentrum in Stuttgart, aus dem ich komme, ist sehr
auf Politik fixiert. Die Organisierung der Arbeit ist dort ein
blankes Feld. Ich kann mir aber nicht vorstellen, wie ich das den
Leuten dort schmackhaft machen und plastisch erklären könnte,
dass die (Re)produktion kollektiv und freier angegangen werden
soll. Kannst du das etwas ausmalen, wie das in Bremen läuft?
Antwort
Über unsere Läden wird eine freie Grundversorgung für alle
gewährleistet (Lebensmittel, Solidargemeinschaftsküche,
Körperpflege, Fahrrad, internetfähiger PC, Lebens- und
Arbeitsberatung...). Neben einer gewissen Arbeit für diese
Grundversorgung aktivieren wir uns ganzheitlich in verschiedenen
existenziellen Grundlagen, d.h. ein Technik-Freak muss auch mal
raus und Naturkreisläufe wahrnehmen und umgekehrt. Monatlich gibt
es einen demokratischen Wirtschaftstag, bei dem Arbeit und Geld
zusammenfließen (die Grundversorgungs-Notwendigkeiten werden
gleichmäßig auf alle umgelegt; für individueller Konsum muss ggf.
mehr gearbeitet werden). Was die Finanzen betrifft, ist der
Einstiegsbeitrag 35 Euro. Über eine gemeinsame Kasse gibt es
einen sozialen Ausgleich. Da wir das Geld abschaffen wollen,
brauchen wir eine andere Form der ökonomischen
Vergesellschaftung. Dies machen wir über Arbeitsstunden, d.h.
über die gesellschaftlichen Arbeitsnotwendigkeiten führt jeder
Buch, allerdings nur zur Selbstkontrolle, und zum gemeinsamen
Austausch darüber, wie es mit den Notwendigkeiten gerade klappt.
Als z.B. die Aktivierungen nicht so gut klappten, wurde dies in
den Arbeitsstundenplänen deutlich, und wir zogen die Konsequenz,
diese mit einem klaren wöchentlichen Termin besser zu
organisieren.
Siehe auch http://www.bremer-commune.de.
Das Bündnis mit der globalisierungskritischen Bewegung
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Ohne Druck von sozialen Bewegungen hat sich noch nie eine Gesellschaft
zum Positiven verändert. Oekonux sollte sich daher als Bestandteil der
globalisierungskritischen Bewegung begreifen. Attac Deutschland hat
gerade eine Broschüre zur "Alternativen Weltwirtschaftsordnung" fertig
gestellt (siehe http://www.attac.de/awwo), in der verschiedene
Positionen entwickelt werden, u.a. auch eine von mir eingebrachte
Position "Demokratisches Wirtschaften", die auf die freie
Software-Bewegung und Oekonux Bezug nimmt.
Diskussion
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Frage
Mich fasziniert an der Freien-Software-Bewegung, dass die
Konzerne selbst mitmachen - was natürlich Gefahren birgt, aber
auch die Dynamik unheimlich antreibt, und eine Zuversicht gibt,
dass sich etwas bewegt und durchsetzt, und nicht alles nur von
Aktivismus abhängt, was auf die Dauer ermüdend ist. In diesem
Spannungsfeld zwischen reiner Lehre und Einlassen auf das System
bewegen wir uns. Nicht dass wir voll mitmachen sollten im System,
aber wir könnten versuchen, darauf zu surfen. Ohne das bleiben es
nur Nischen. Wie siehst du das?
Frage
In der Regionalgeldbewegung steigen Firmen, Sparkassen und
Bildungsträger ein; da passiert der gerade angesprochene
Zusammenhang. (Organisations-)Ethik und Spiritualität sind auch
wichtige Punkte für das Gedeihen von Strukturen. Menschen, die
sich unter einer bestimmten Ethik zusammenfinden, können
Schwierigkeiten überwinden, an denen normale Organisationsformen
scheitern.
Antwort
IBM hat eine Milliarde Dollar (1.000.000.000$) innerhalb eines
Jahres in die Entwicklung von Linux gesteckt. Das hat zwei
Seiten. Einerseits ist es natürlich schön, dass Linux damit
vorangebracht wird. Andererseits fragt sich, ob noch eine
kooperative Struktur da ist, ob die Entwicklung von Linux
demokratisch mitentschieden werden kann - oder kann IBM durch die
faktische Zahl der Programmierer nicht die Entwicklung bestimmen.
Digital Rights Management [10] unter Linux gibt es ja auch
schon... Es bringt nun auch nichts, sich auf die reine Lehre
zurückzuziehen. Es muss aber Orte geben, wo klare Grundsätze und
Strukturen praktiziert werden - nicht als befreite Insel, sondern
in Wechselwirkung mit Gesellschaft. Wenn diese Wechselwirkung
sich jedoch darauf beschränkt, auf IBM oder die Proklamation
ethischer Grundsätze zu setzen, gewinnen die schleichenden
Integrations- und Anpassungsprozesse, die bisher alle
alternativen Ansätze wieder kanalisierten, leicht überhand.
Deswegen halte ich ein Bündnis mit der globalisierungskritischen
Bewegung für sehr wichtig, die auch die globale Dimension
(Auswirkungen von Weltmarkt, IWF, WTO & Co., Situation der 3.
Welt) hineinbringt. Wenn Oekonux Alternativen zum Weltmarkt
entwickelt, sollte dies in die globalisierungskritische Bewegung
eingebracht werden, in der es noch viele andere Ansätze gibt.
Diese verschiedenen Ansätze müssen sich gegenseitig befruchten
und in ihrer Wirksamkeit erhöhen - nur dann haben wir eine
Chance.
André Gorz schreibt:
Der "Kommunismus der Forscher" oder der Anarchokommunismus der
Freien Netzwerke stellen selbstverständlich nur dann Muster einer
anderen möglichen Welt dar, wenn sie sich im gesellschaftlichen
Körper ausbreiten und dessen Neukomponierung beschleunigen. Eine
weltweite Transformation erscheint nur dann möglich, wenn sie ein
bestimmter Koalitionstyp voranträgt. Revolutionen werden gemacht,
wenn sie je gemacht werden, von einem Bündnis der am schärfsten
Unterdrückten mit denen, die sich ihrer eigenen Entfremdung und
der Entfremdung der anderen am meisten bewusst sind. Dieses
Bündnis zeichnet sich inder vielgestaltigen Bewegung für eine
"andere Welt", eine andere Globalisierung ab. Seine verschiedenen
Komponenten belebt eine Fülle von mit ihnen verbundenen
Akademikern, Ökonomen, Schriftstellern, Künsterln und
Wissenschaftlern. Sie radikalisieren sich im Verkehr mit
oppositionellen Gewerkschaftlern, postindustriellen
Neoproletariern, kulturellen Minderheiten, landlosen Bauern,
Arbeitslosen und Entrechteten." (André Gorz: Wissen, Wert und
Kapital. Zürich 2004, S. 78f.)
______________________________________________________________________
[1] Täglich sterben 100.000 Menschen an den Folgen des Hungers,
jährlich sterben 5 Millionen an mangelhafter Wasserversorgung.
http://www.taz.de/pt/2005/02/23/a0186.nf/text und
http://www.taz.de/pt/2005/08/24/a0130.nf/text
[2] http://www.opentheory.org/broetchen/text.phtml
[3] Rudi Dutschke propagierte die "totale Arbeitslosigkeit durch
Vollautomation".
[4] im "Gespräch über die Zukunft", Kursbuch 14, August 1968, Hrsg.
Hans-Magnus Enzensberger
[5] Auf der 3. Oekonux-Konferenz am 20.05.2004.
[6] Dass die Kibbuzim ihren sozialistischen Charakter weitgehend
verloren und sich dem Kapitalismus immer mehr angepasst haben, ist
natürlich ein Problem. Es sollte jedoch nicht durch autoritäre
Maßnahmen beantwortet werden, sondern durch eine kritische Analyse der
Integrationsmechanismen des Kapitalismus und die Entwicklung
intelligenter Gegenstrategien.
[7] Wobei viele Leibeigene von ihren Feudalherren auch vertrieben
worden sind.
[8] Dies wird ja auch in der freien Software-Bewegung praktiziert.
André Gorz analysiert, warum es unter den gegenwärtigen
Produktionsbedingungen zu "Dissidenten des digitalen Kapitalismus"
kommt (André Gorz: Wissen, Wert und Kapital, Rotpunktverlag 2004, S.
70ff.).
[9] Zum Spannungsfeld Zentralismus-Dezentralismus siehe auch den
Abschnitt "Motoren der Ökonomie", gegen Ende des Abschnitts.
[10] Digital Rights Management (digitale Rechteverwaltung), abgekürzt
DRM. Von Kritikern wird die Abkürzung auch als Digital Restriction
Management (digitale Einschränkungsverwaltung), umgedeutet. DRM ist
ein Verfahren, mit dem Urheber- und Vermarktungsrechte an geistigem
Eigentum, vor allem an Film- und Tonaufnahmen, aber auch an Software
oder elektronischen Büchern im Computerzeitalter gewahrt, sowie
Abrechnungsmöglichkeiten für Lizenzen und Rechte geschaffen werden
sollen. (...) Sie schränken den Zugang zu digitalen Angeboten z.B. auf
registrierte (d.h. bezahlende) Benutzer ein oder ermöglichen sogar die
individuelle Abrechnung einzelner Zugriffe auf ein Angebot.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Digital_Rights_Management)
_________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.org/
Organization: http://www.oekonux.de/projekt/
Contact: projekt oekonux.de